Über Rassismus und Diskriminierung

Über Rassismus und Diskriminierung

Welche Erfahrungen haben Jugendliche schon gemacht? Diese Fragen und die Folgen des Kolonialismus waren Themen eins Workshops in der Fürstabt-Gerbert-Schule.

ST. BLASIEN Kolonialismus, Rassismus und Diskriminierung: Mit diesem Themenkomplex haben sich Schülerinnen und Schüler der Fürstabt-Gerbert-Schule kurz vor den Ferien beschäftigt. Lehrer Julien Bender hatte dafür Gäste eingeladen, die im Rahmen eines Projektes des Biosphärengebiets Schwarzwald an die Schule kamen. Das Biosphärengebiet beteilige sich seitDezember 2022 an einemProjekt der Unesco, erläutert Bender. Dabei befassen sich Ezenge Robincrusoe Angeli aus Kamerun und Kathrin Panes aus Frankfurt mit den Auswirkungen des Postkolonialismus imSchwarzwald.Das Thema Kolonialismus werde zu wenig und dann auch nur sehr theoretisch im Unterricht behandelt, sagt Bender. Für die Jungen und Mädchen sei es nachvollziehbarer, wenn jemand darüber erzähle.Und da passte es, dass die Begegnung mit Jugendlichen aus dem Schwarzwald den beiden Gästen ohnehin sehr wichtig ist.


Als Vorbereitung auf den Besuch hatte die Klasse einen Dokumentarfilm angeschaut. Ezenge Robincrusoe Angeli stellte die deutsche Kolonialzeit in Afrika vor und erläuterte dabei, wie die heutigen Länder Togo, Kamerun, Tansania, Ruanda und Burundi entstanden sind – die Grenzen seien mit einem Lineal auf der Landkarte festgelegt, ohne Rücksicht auf ethnische Zugehörigkeiten zu nehmen. Ob sie selbst schon in ihremAlltag Diskriminierung oder Rassismus erlebt hätten, wollte der Besucher wissen. Tatsächlich konnten einige der Jugendlichen von solchen Erfahrungen berichten. Gemeinsam erarbeitete die Gruppe, wie es sich anfühlt, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder ethnischen Zugehörigkeit ausgegrenzt werden.


Vor allem Schülerinnen hätten von erlebter Diskriminierung berichtet. Und auch Kinder, die in den Augen anderer Menschen „nicht so deutsch aussehen“, erzählten zum Beispiel von abwertenden Bemerkungen im Alltag. Tiefer auf ihre Erfahrungen eingegangen seien die Jugendlichen jedoch nicht, so Bender. Teil des Projekts der Unesco sei es, die eigene Sichtweise durch einen Perspektivwechsel in Frage zu stellen und sich somit auchmit den eigenen Vorurteilen auseinanderzusetzen, so Bender. So hätten die Schülerinnen und Schüler erkannt, dass weiße Menschen sowohl in Europa als auch in Kamerun bevorzugt werden. In Kamerun etwa sagen schwarze Menschen, wenn es ihnen richtig gut geht: „Ich lebe wie ein Weißer oder eine Weiße“, sagte Angeli.


Was sind Gründe für Rassismus? Wenn Menschenmit andererHautfarbe alsminderwertig betrachtetwerden, ermögliche dies, die Länder auszubeuten und wirtschaftlich zu beherrschen, hörten die Schülerinnen und Schüler.Das sei sowohl in Afrika als auch in Asien und Südamerika geschehen. Trauriger Höhepunkt war die Rassenideologie des Naziregimes.
Die Schülerinnen und Schüler fragten kritisch, wiesoman sich in der Schule mit dem Thema Kolonialismus nicht stärker auseinandersetze. Die kritische Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe beginne aber erst richtig,weiß Julien Bender. Kolonialismus, Rassismus, Diskriminierung seien miteinander verbundene Themen, sagt Bender. Die Gruppe befasste sich an demVormittag auchmit der Frage, wie Rassismus aktiv bekämpftwerden könne. Als Strategie empfahl Angeli, den Rassismus als Erstes als solchen zu benennen und somit sichtbar zu machen.


„Fangt klein an“, sagte er und forderte die Schülerinnen und Schüler auf, aktiv im eigenen Umfeld darüber zu sprechen und Diskriminierungen im Vorfeld bereits zu unterbinden. „Bewusstsein schafft Veränderung“, betonte der Unesco-Freiwillige und machte darauf aufmerksam, dass es darum geht, das Verhalten derMenschen imeigenen Umfeld zu verändern. Und genau dabei müsse Schule mithelfen, sagt Bender. Es sei ihre Aufgabe, Bewusstsein zu schaffen und den Austausch mit betroffenen Menschen zu fördern. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, möchte er deshalb gerne so einen Projektvormittag an der Fürstabt-Gerbert-Schule wiederholen. BZ/sb

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