09/02/2021
Das Klassenzimmer wird immer digitaler
Durch großen Einsatz ist der Fernunterricht an der Fürstabt-Gerbert-Schule möglich geworden / Entwicklung auch für zukünftigen Präsenzunterricht wichtig
Der Distanzunterricht, den Lehrerinnen und Lehrer im ganzen Land täglich halten, steht häufig in der Kritik – zu oft konnten die Schülerinnen und Schüler das digitale Klassenzimmer nicht betreten. Dafür konnte aber in der Regel kein Kollegium etwas – im Gegenteil: Mit viel Engagement haben die Pädagogen auch ihre Freizeit dafür genutzt, die Rahmenbedingungen für die besondere Art von Unterricht zu schaffen. An der Fürstabt-Gerbert-Schule waren Jasmin Dziewiecki und Julien Bender federführend.
Den Aufwand, der von den Lehrern betrieben wurde und noch immer wird, fasst Rektorin Susanne Schwer kurz zusammen: „Die leisten eine Wahnsinnsarbeit, was die Digitalisierung angeht“. Viele Stunden haben Jasmin Dziewiecki und ihr Kollege Julien Bender neben ihrer eigentlichen Arbeit, Kinder und Jugendliche zu unterrichten, mit der Vorbereitung der Lernplattform und der Weiterbildung von Kolleginnen und Kollegen sowie Unterstützung der Schüler verbracht. Dabei hat sich die Schule schon auf den Weg der Digitalisierung begeben, bevor die Corona-Krise mit Wucht zuschlug, erinnert sich Schwer.
Anfang vergangenen Jahres machte Sturmtief Sabine der Schule klar, dass schelle und einfache Kommunikationswege und Werkzeuge für den Ersatz des Präsenzunterrichtes fehlen. Weil der sichere Schulweg nicht gewährleistet werden konnte, hatte der Landkreis damals an einem Sonntag entscheiden, Schulen und Kindertagesstätten am Montag geschlossen zu halten. Damals, so Susanne Schwer, habe man sich unter anderem damit beholfen, über Whatsapp-Gruppen von Ministranten, möglichst alle Schülerinnen und Schäler zu erreichen. Auch mit der Lernplattform Moodle hatten Schulleitung und Kollegium bereits diskutiert – die Coronavirus-Krise machte dann deutlich sichtbar, was alles fehlt.
E-Mail und Telefon verbanden in der Zeit des ersten Lockdowns Lehrer und Schüler. Auch ein inzwischen eingeführter Messengerdienst war nützlich. Der reiche aber für den Fernunterricht natürlich nicht aus, sagt Schwer.
Erst wurde es dann im Spätherbst und die Weihnachtszeit nutzen Bender und Dziewiecki, um die Lernplattform Moodle für den Unterricht an der Fürstabt-Gerbert-Schule vorzubereiten: 652 Schülerinnen und Schüler und alle Lehrermussten eingebunden, die technische Betreuung organisiert werden.
Längst nicht alle Kinder und Jugendliche verfügten über eine E-Mail-Adresse, die aber notwendig ist, stellten Schulleiterin Schwer und die Lehrer fest. Also richteten sie für alle Schüler ein Postfach ein und erklärten auch, wie damit umzugehen ist. Jede Klasse und jedes Fach erhielten einen digitalen Kursraum.
Vor Weihnachten habe schon Chaos auf der Lernplattform geherrscht, erinnert sich Susanne Schwer, es sei allen Beteiligten klar gewesen, dass irgendwas nach Ferienende zusammenbrechen würde. Mehrere Kanäle mussten also bereitstehen und einsatzfähig sein, um mit dem Fernunterricht Anfang Januar starten zu können.
„Die leisten eine Wahnsinnsarbeit, was die Digitalisierung angeht.“
(Schulleiterin Susanne Schwer über den Einsatz der Lehrer Jasmin Dziewiecki und Julien Bender)
Jetzt steht die digitale Schule, ein Gesamtkonzept, wie der Unterricht jetzt zu gestalten ist, gibt es im Land aber nicht. Jede Lehrerin, jeder Lehrer nutzt den Kanal, mit dem der Umgang am besten klappt.
In den vergangenen Monaten sei auch klar geworden, dass die Schüler nicht jederzeit für Videokonferenzen auf ein geeignetes Endgerät zurückgreifen können. Auch deshalb sind die verschiedenen Kanäle wichtig, sagt Bender. Und natürlich erschwert auch die oft mangelnde Internetverbindung den Unterricht.
Bis aber alle Mädchen und Jungen soweit waren, sich pünktlich zu Unterrichtsbeginn anmelden zu können, hat es gedauert: Viele Nachrichten, auch spätabends, beantworteten Jasmin Dziewiecki und Julien Bender. Selbst Hausbesuche machten sie, um dort, wo es gar nicht klappen wollte, bei der Einrichtung der Technik zu helfen.
Es war einfach ein Muss, sich auf den Weg der Digitalisierung zumachen, sagte Schulleiterin Susanne Schwer. Jeder verwende mittlerweile aber den im vergangenen Jahr eingeführten und vom Land zertifizierten Messenger. Unter anderen Bedingungen hätte man es sicher nicht so schnell geschafft, neue Techniken einzuführen, ist sich Bender sicher. Lehrer und Schüler hätten sich mit so viel Einsatz in die neue Materie eingearbeitet, da seien die Nerven auch mal blank gelegen, wenn wieder etwas technisch nicht funktionierte. Es sei durchaus auch mal vorgekommen, dass bei Schülern, Eltern und Lehrern auch mal Tränen flossen.
Heile Welt herrsche aber jetzt nicht, sagen die Pädagogen, denn „die Kinder, die wir im Präsenzunterricht nicht kriegen, kriegt man im Fernunterricht auch nicht“. Ohne die Unterstützung der Eltern gehe es nicht. Dennoch könne man der Digitalisierung viel Positives abgewinnen: Die Schülerinnen und Schüler seien überwiegend sehr motiviert, weil sie sich auch einfach freuen, die Klassenkameraden überhaupt sehen zu können. Die Klassenlehrerstunde werde zum Beispiel auch mal genutzt, um das Soziale zu pflegen, sagt Jasmin Dziewiecki.
Insgesamt habe die Schule die Einführung gut gemeistert und die Zusammenarbeit mit den Eltern klappe. Sicher, manchmal sei es schwierig, wenn Eltern ihren Frust per E-Mail bei den Lehrern und der Schulleitung ablassen, „aber es gibt auch tolle E-Mails“, sagt Susanne Schwer und fügt an: „Ein Lob für die Elternschaft.“
Die Digitalisierung der Schule ist coronabedingt stark beschleunigt worden, tatsächlich wird die über die Viruskrise hinaus noch weiter betrieben. Die Stadt St. Blasien hatte mit starken Landeszuschüssen (bisher insgesamt rund 298000 Euro aus dem Digitalpakt) bereits unter anderem 83 Laptops und Tablets (83964 Euro) gekauft, sagt Bürgermeister Adrian Probst. Jetzt kommen 31 digitale Tafeln (190000 Euro) dazu, die den Lehrerinnen und Lehrern auch für den zukünftigen Präsenzunterricht neue Möglichkeiten eröffnen. Wenn die Schüler irgendwannwieder zumPräsenzunterricht in die Fürstabt-Gerbert-Schule zurückkehren,werden sie digitale Tafeln vorfinden (Symbolfoto).
FOTO: FRANK SCHOCH