Recht und Gesetz bilden den Rahmen

Recht und Gesetz bilden den Rahmen

Landrat Martin Kistler besucht Neuntklässler der Fürstabt-Gerbert-Schule und gibt Einblicke in die Arbeit des Landratsamtes.

ST. BLASIEN. Die Schüler der beiden neunten Realschulklassen an der Fürstabt-Gerbert-Schule sind noch nicht wahlberechtigt. Dass aber diejenigen, die von ihren Eltern,  älteren Geschwistern und bald von ihnen selbst mit einem Wahlamt beauftragt werden, nicht irgendwo in der Ferne irgendetwas tun, erfuhren sie am Freitag aus erster Hand: Landrat Martin Kistler besuchte die Klassen 9a und 9b.

"Was steht im Mai an", wollte Landrat Martin Kistler wissen. Das Europaparlament und auch die Gemeinde- und Ortschaftsräte sowie die Mitglieder des Kreistages werden gewählt. Einfach ist das Wahlrecht nicht, erläuterte der Landrat. Er beschrieb, was kumulieren und panaschieren bedeutet und wieso ein Kandidat, der weniger Stimmen hat, vielleicht gewählt ist, einer mit mehr Stimmen aber nicht. Und manchmal, das wussten die Schüler auch, müsse bei Stimmengleichheit sogar das Los entscheiden, wer ein Wahlamt erhält.

Europa, Bund, Land, Kreis und Gemeinde – alle Ebenen, auf denen ein  gewähltes Gremium existiert, streifte Kistler, umfassend war seine Beschreibung von den Aufgaben, die das Landratsamt, die von ihm geleitete Behörde des Landkreises, zu erledigen hat. Und wenn es um Entscheidungen gehe, komme es nicht auf die Laune der einzelnen Entscheider an, sondern auf die von Gesetzen vorgegebenen Kriterien. Werde also zum Beispiel ein Bauprojekt nicht genehmigt, habe es eben die nötigen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Natürlich hatten sich die Schülerinnen und Schüler im Unterricht bereits mit Wahlen und auch mit Gebietskörperschaften befasst. Als sie dann die Möglichkeit erhielten, Fragen zu stellen, schnellten auch viele Hände in die Höhe: Was tut das Landratsamt bei einer Atomkatastrophe, wieso wird ein Krankenhaus geschlossen und wo soll das neue zentrale Klinikum entstehen? Gibt es Gesetze, die nur in diesem Landkreis gelten und wie viel Macht hat das Landratsamt? Ein eigenes Amt im Landratsamt sei für den Katastrophenschutz verantwortlich, erklärte der Behördenchef. Und trete tatsächlich so ein Fall ein, orientiere man sich an vorhandenen Notfallplänen. Ist die Lage wirklich schlimm, könne er als Landrat den Katastrophenfall ausrufen – beim Hochwasser Anfang 2018 sei es fast dazu gekommen, sagte Kistler.

Auch zu den Veränderungen in der Krankenhauslandschaft nahm er Stellung: Die Medizin habe sich so stark weiterentwickelt, dass sich kleine Einrichtungen moderne Medizintechnik oft gar nicht mehr leisten könnten. Für die Finanzierung seien auch hohe Fallzahlen, also zum Beispiel viele Operationen in einem bestimmten Fachbereich, nötig.

Der Kreistag könne keine Gesetze erlassen, aber Satzungen, zum Beispiel die Gebührensatzung, könnten sich von denen in anderen Landkreisen unterscheiden, erklärte der studierte Jurist.

Ob das Landratsamt mächtig ist? Man könne durchaus gestalten, aber in vielen Bereichen sei der Behörde eben vorgegeben, was sie wie zu entscheiden hat. Kistler sagt: "Ich muss mich an Recht und Gesetz halten." Und wenn man mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist? Im Falle einer Gemeinde sei das Landratsamt die Widerspruchsbehörde und für seine Behörde sei das Regierungspräsidium zuständig. Und danach könnten Bürger die Entscheidungen durch Verwaltungsgerichte überprüfen lassen.

Dass Politiker in Stuttgart, Berlin oder Brüssel sich einer riesigen Anzahl von Lobbyisten gegenübersehen, ist bekannt. Gibt es die auch im Landkreis, wollte eine Schülerin wissen? "Ja, die gibt es bei uns auch", sagte der Landrat und erläuterte, dass er mit vielen Interessensgruppen, zum Beispiel Vertretern der Bauwirtschaft oder der Gewerkschaften, der Landwirtschaft oder häufig auch mit Natur- und Umweltverbänden spreche, die ihm ihre Positionen oder Sorgen vortragen.

Auch deshalb sei es gut, dass Deutschland ein Rechtsstaat ist – Entscheidungen werden nach festgelegten und nachvollziehbaren Kriterien getroffen, sagte er.


Zum Artikel: http://www.badische-zeitung.de/st-blasien/recht-un...